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Zabanja
Anmeldungsdatum: 17.11.2010 Beiträge: 1367 Wohnort: Wien
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Verfasst am: 14.05.2012, 17:00 Titel: Osomyr-Trilogie Band 2: 14.05.2012 |
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Soltar schwieg. Was hätte es auch großartig sagen sollen? Es stimmte ja, dass sie schon eine halbe Ewigkeit über den Sinn dieser Worte nachdachten, ohne eine Lösung gefunden zu haben. Anfangs hatten auch Tcha’ron und Sindamel mitgeholfen, das Rätsel zu lösen, doch mittlerweile waren nur noch Taris, Sharani, Soltar und Dimnar auf Burg Osomyr.
Sindamel war, nachdem seine verletzte Hand geheilt war, zurück zum Elbenkönig Medil gegangen, um diesen von den Geschehnissen zu unterrichten und in der großen Bibliothek der Elben nach einer Antwort zu suchen.
Tcha’ron hatte sich ebenfalls von seinen Freunden verabschiedet und versuchte nun, Verbündete in den Reihen der Kobolde zu finden. Er wusste, dass nicht alle Za’schenu auf der Seite seines Bruders standen. Ein Umstand, den sie auf jeden Fall nutzen wollten, nein nutzen mussten.
Taris seufzte. „Ich vermisse Tcha’ron und Sindamel. Ohne sie kommt mir Osomyr noch größer und leerer vor, als es tatsächlich ist.“
„Sie werden bestimmt bald zurückkehren“, versuchte Soltar den jungen Zauberer zu trösten. „Außerdem bist du ja nicht allein. Sharani ist doch bei dir und auch Dimnar ist hier geblieben. Der Elb grübelt mindestens so angestrengt über diese Inschrift nach wie du selbst.“
„Dimnar lässt sich auch bestimmt nicht so schnell ablenken, wie ich“, seufzte Taris erneut. Er schämte sich dafür, dass er mit seinen Gedanken immer wieder abschweifte und sich in seinen Träumereien verlor.
„Das stimmt“, bekräftige Soltar seine Aussage. „Doch deine Stärken liegen eben in einem anderen Bereich. Dimnar war schon immer sehr gut, wenn es darum ging, Rätsel zu lösen. Erinnere dich nur an Taniekés Rätsel. Er war der Einzige der erkannte, dass das Einhorn dir eine unlösbare Aufgabe gestellt hatte.“
„Ja“, erwiderte Taris geknickt, der insgeheim darauf gehofft hatte, Soltar würde ihm, was seine Tagträumerei anging, widersprechen. „Ich habe es nicht erkannt. Manchmal frage ich mich wirklich, warum du mich gewählt hast. Ich bin doch nur...“
„Du bist ein Zauberlehrling, der es, obwohl er seine Ausbildung noch nicht beendet hat, bereits fünfmal geschafft hat den Schergen des schwarzen Kaisers zu entkommen“, unterbrach ihn das Buch der Welten. „Du hast sogar den Pazuzu bezwungen – eine Leistung, mit der nicht viele Magier prahlen können.“
„Wenn du mich fragst, dann hatten wir einfach Glück“, versuchte Taris zu widersprechen. „Er konnte sich ja in der Höhle kaum bewegen und Dunkel war es auch.“
„Stell dein Licht nicht unter den Scheffel, junger Zauberer. Aus dir wird noch ein sehr mächtiger Magier werden, du wirst schon sehen“, weissagte Soltar mit einem geheimnisvollen Unterton in der Stimme. Taris wusste nicht so recht, ob ihn das Buch jetzt necken wollte oder ob es dieses Wort so meinte, wie es sie gesagt hatte.
Das Einschnappen des Türschlosses, das unnatürlich laut in dem großen Saal widerhallte, riss Taris aus seinen Überlegungen. Er drehte sich zu der Person um, die den Raum gerade betreten hatte, und ein erfreutes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
„Sharani!“ Taris stand auf, trat auf die junge Frau zu und nahm sie in seine Arme. In den vergangenen Monaten waren sich beide immer näher gekommen und mittlerweile konnten sie sich ein Leben ohne den anderen nicht mehr vorstellen.
„Bist du mit dem Text weitergekommen?“, wollte Sharani wissen.
„Leider nein“, gab Taris zerknirscht zu. „Ich hab mich mal wieder ablenken lassen. Tut mir leid.“
„Mach dir nichts draus“, versuchte Sharani ihn zu trösten. „Wir werden dieses Rätsel schon noch entschlüsseln, da bin ich mir ganz sicher.“
Sie löste sich aus seiner Umarmung und trat auf das Tor zu. „Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie ist es mir unheimlich“, sagte sie plötzlich und sah zur Spitze des Torbogens auf. „Ich kann es nicht genau beschreiben, aber ich habe ein seltsames Gefühl, wenn ich es ansehe. So ähnlich wie damals in der Höhle, als wir Samryth fanden“, versuchte sie zu erklären. „Ich hatte erst Angst, dass dieses Gefühl etwas Böses bedeutet, dabei war es nur der Dolch, der mich auf geheimnisvolle Weise rief. Der seltsame Lichtschein, der mich zu Samryth führte... Anfangs sah ich nur dieses Licht, nicht den Kristall. Es leuchtete so hell... und ihr habt es nicht gesehen. Ich fand das wirklich gruselig.“
Taris lächelte. „Das glaube ich dir gern. Schließlich kommt so etwas nicht alle Tage vor.“
Er trat neben Sharani und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Komm, lass uns zu Dimnar gehen. Vielleicht ist ihm ja mittlerweile etwas eingefallen.“
Gemeinsam verließen sie den großen Saal und machten sich auf die Suche nach dem Waldelb. Sie fanden Dimnar schließlich in einem weiteren, nicht minder großen Saal, der von oben bis unten mit Büchern vollgestopft war. Dimnar hatte diese Bibliothek wenige Tage nach Sindamels Abreise entdeckt und sich fürchterlich geärgert, dass er diesen Saal erst so spät betreten hatte. Auch wenn er es Taris gegenüber nie aussprach, so machte er sich doch große Sorgen um seinen Bruder. Er kannte Sindamel zu gut und wusste genau, dass dieser sofort eingreifen würde, wenn es irgendwo zu Streitigkeiten oder einem Überfall kam.
Das an sich wäre ja nicht das Problem, Sindamel war ein mehr als guter Krieger, doch Dimnar war sich sicher, dass der schwarze Kaiser, oder zumindest der Koboldkönig, nun verstärkt nach ihnen suchen lassen würde.
„Hallo Dimnar“, sprach Taris den Waldelben an, der bei ihrem Eintreten nur kurz den Kopf gehoben hatte, um gleich darauf wieder in die Lektüre eines Buches zu versinken. „Wie lange bist du denn schon hier? Machst du überhaupt einmal eine Pause? Langsam habe ich den Eindruck, du übernachtest hier drinnen.“
„Manchmal passiert mir das tatsächlich“, gab Dimnar etwas verlegen zu. „Irgendwann schlafe ich ein und erwache dann über einem Buch.“
Taris konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Dimnar war wirklich besessen davon, in diesen Büchern eine Antwort zu finden.
„Wie behältst du eigentlich den Überblick bei diesen vielen Büchern? Das müssen doch Tausende sein“, fragte er schließlich und deutete mit einer weit ausholenden Handbewegung auf die Wände der Bibliothek.
„Naja“, meinte Dimnar schulterzuckend. „Sie sind ja geordnet. Ein Großteil fällt also automatisch weg. Schließlich suchen wir hier nicht nach mathematischen Formeln oder einer Abhandlung über das Liebesleben der Amla auf Mersalam. Dann sind etliche Bücher dabei, die in einer fremden Sprache geschrieben sind. Die kann ich also ebenfalls außer Acht lassen.“
„Fremde Sprachen?“, mischte sich nun Sharani in das Gespräch ein. „Was denn für welche?“
Dimnar lächelte nachsichtig. „Wenn ich es wüsste, wären sie mir nicht fremd“, antwortete er. „Es ist kein elbisch, das steht fest. Auch keiner unserer alten Dialekte. Es sieht aber auch nicht so aus, als wäre es von den Kobolden oder den Menschen. Es muss etwas ganz anderes sein. Vermutlich stammen diese Bücher aus einer Zeit, in der Eluyan noch Kontakt zu anderen Welten hatte.“
„Würde mich nicht wundern“, erwiderte Sharani sofort. „Schließlich galt Osomyr ja seit dem Tod Nituriels als verschollen. Wer sollte denn danach noch Bücher in diese Bibliothek gebracht haben?“
Dimnar warf Taris einen vielsagenden Blick zu. „Ich habe so das Gefühl, dass wir in Zukunft sehr gut aufpassen müssen, was wir sagen“, lachte er.
„Wie meinst du das?“, wollte Sharani wissen und knuffte ihn freundschaftlich in die Seite.
„Autsch“, grinste der Elb und rieb sich demonstrativ die Rippen. „Ich wollte damit nur sagen, dass du sehr genau zuhörst und auch nachdenken kannst. Bist ein kluges Köpfchen.“
„Vielen Dank, Herr Elb. Für euch beide reicht es grade noch“, scherzte Sharani und legte beiden jungen Männern eine Hand auf den Arm.
‚Sie hat sich verändert’, dachte Taris bei sich. ‚Sie ist kaum noch schüchtern. Gut so. Wie es aussieht, fühlt sie sich wohl und hat endlich akzeptiert, dass sie anders ist als andere.’
„Wie wäre es mit einem Happen zu essen?“, fragte er laut. „Ich hab so das dumpfe Gefühl, dass wir heute nicht weiter kommen. Vielleicht liegt des Rätsels Lösung ja auch gar nicht in einem der Bücher.“
„Gute Idee. Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt etwas gegessen habe“, meinte Dimnar, stand auf und bot Sharani galant seinen Arm. „Das ist das Alter – man wird vergesslich.“
Soltar kicherte vergnügt vor sich hin, äußerte sich aber nicht dazu, sondern sagte stattdessen: „Dann seht zu, dass ihr was zwischen die Zähne bekommt. Mit knurrendem Magen denkt es sich so schlecht.“
„Jawohl, Kommandant.“ Dimnar salutierte mit der freien Hand und verließ dann gemeinsam mit seinen Freunden die Bibliothek, um in Richtung Küche zu gehen.
Etwa eine Stunde später lag Taris in seinem Bett und nahm sich vor, am nächsten Tag unbedingt dieses Rätsel zu lösen, als ihn der Schlaf übermannte.
Der junge Magier schlief unruhig in dieser Nacht. Sein Traum versetzte ihn zurück in die Höhle, in welcher sie auf der Flucht vor den Kobolden Schutz gesucht hatten. Nur dass er es diesmal aus einer anderen Sichtweise erlebte. Er folgte einem seltsamen Schein, bis er auf dessen Ursprung stieß. Anfangs sah er nur gleißendes Licht, das ihm fast in den Augen schmerzte. Dann erklang eine körperlose Stimme, welche den ersten Satz des Rätsels rezitierte: Eingeschlossen im Licht...
Schlagartig erwachte Taris und setzte sich auf. Natürlich! Das war die Lösung! Der Rätselspruch auf dem Tor der Welten deutete ihnen grob die Richtungen, in denen die heiligen Insignien versteckt worden waren. Samryth hatten sie schon gefunden – eingeschlossen in einem leuchtenden Kristall.
Taris schlüpfte aus dem Bett, warf sich nur rasch seinen Umhang über und verließ dann sein Zimmer, um an die gegenüberliegende Tür zu klopfen.
„Dimnar!“, rief er leise. „Bist du wach? Ich muss mit dir reden.“
Erst nach mehrmaligem Klopfen antwortete der Elb mit schlaftrunkener Stimme: „Komm rein, ehe du die Tür einschlägst. Aber ich warne dich, wehe du hast keinen guten Grund, mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf zu reißen.“
Schnell trat Taris ein, zog sich einen Stuhl neben das Bett seines Freundes, der auf Ellbogen gestützt im Bett saß, und sprudelte los.
„Ich glaube ich habe des Rätsels Lösung gefunden – na ja, zumindest teilweise.“
„Welches Rätsel?“, fragte Dimnar verwirrt und rieb sich über die Augen. Er war noch im Halbschlaf und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
„Ach das Rätsel!“, rief er plötzlich aus und schoss kerzengerade im Bett hoch, wobei er um ein Haar herausgefallen wäre. Taris konnte ihn gerade noch festhalten.
„Und? Was besagt es? Nun erzähl schon, oder muss ich dir jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen?“
Taris grinste seinen Freund an. „Es gibt uns Hinweise zu den Verbannungsorten der heiligen Insignien“, sagte er schließlich. „Ich weiß nicht, warum ich nicht schon früher darauf gekommen bin. Die erste Zeile lautet: Eingeschlossen im Licht.
Als Sharani Samryth entdeckt hatte, erzählte sie uns, er habe sehr hell geleuchtet. Sie hätte ihn im ersten Moment gar nicht gesehen – nur dieses Licht.“
„Nicht übel“, meinte Dimnar nachdenklich. „Das könnte wirklich passen. Aber was ist mit den nächsten Zeilen? Verborgen im Klang der Stille...“
„Es ist nur ein Symbol“, warf Taris ein. „Soltar hat mir das ganz am Anfang schon gesagt. Wir dürfen das nicht wortwörtlich nehmen, sondern sollen es lediglich als einen Hinweis sehen. Eines der beiden fehlenden Insignien muss an einem Ort versteckt sein, an dem es völlig still ist. So stelle ich es mir zumindest vor.“
„Aber wo ist es denn wirklich still? In einem Grab? Es heißt doch ‚Totenstille’.“
„Naja, das wäre ein bisschen wage. Außerdem dürfte da die Gefahr, dass jemand zufällig auf das Schwert oder den Schild trifft, doch sehr groß sein. Ich glaube eher, dass damit ein Ort gemeint ist, der sehr abseits liegt.“
„Noch mehr als die Höhle hinter dem Wasserfall, in der ihr den Dolch gefunden habt?“, fragte Dimnar stirnrunzelnd.
„Besonders abseits lag die ja nicht“, erwiderte Taris. „Außerdem war sie auch nicht gerade still.“
„Also gut. Das heißt jetzt wohl, dass wir einen Ort suchen, an den nicht viele Leute kommen und an dem es völlig ruhig ist.“
„Ich denke schon, ja. Sind in der Bibliothek nicht auch Bücher über die verschiedenen Landschaftsformen Eluyans?“
„Würde mich wundern, wenn dem nicht so wäre“, antwortete Dimnar und gähnte herzhaft. „Aber verlang bitte nicht von mir, dass ich da jetzt sofort nachsehe. Gleich morgen früh nach dem Frühstück kümmern wir uns darum, versprochen.“
Taris wollte zu einem Einwand ansetzen, doch Dimnar hatte sich bereits zurück in die Kissen fallen lassen und zog die Decke über sich.
„Gute Nacht, Taris“, murmelte er und schloss die Augen.
„Ja, schlaf gut“, seufzte Taris, stand auf und verließ das Zimmer seines Freundes. Wie konnte der Elb jetzt nur schlafen wollen? Sie waren gerade der Lösung des Rätsels auf der Spur.
Widerwillig kehrte Taris in sein Zimmer zurück und legte sich aufs Bett.
„Ein Ort, an den nur wenige Leute gelangen“, überlegte er laut. „Was könnte das nur sein? Wo könnte das sein? Eine Wüste? Oder eher ein Moor? Aber in einem Moor gibt es Leben und wo Leben ist, da entstehen auch Geräusche.“
Lange überlegte Taris noch, bis ihm endlich die Augen zufielen und er traumlos wegschlummerte. _________________ Alles Liebe
Petra
Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge |
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Verfasst am: 14.05.2012, 17:00 Titel: Werbung |
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