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Zabanja
Anmeldungsdatum: 17.11.2010 Beiträge: 1367 Wohnort: Wien
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Verfasst am: 01.08.2012, 14:16 Titel: Osomyr-Trilogie Band 2: 01.08.2012 |
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Ups... hier hab ich ja schon ewig nichts mehr gepostet.
Na dann wollen wir mal...
Tcha’ron lief heute noch ein Schauer über den Rücken, wenn er an jenen schicksalhaften Tag zurückdachte. Die meisten der Anwesenden waren noch viel zu entsetzt gewesen, um handeln zu können, doch einige Wachen waren nach vorn gestürzt, um Tcha’ron, seinen Bruder und seinen Vater gefangen zu nehmen.
Sie waren nicht weit gekommen. Tcha’ron wusste nur noch schemenhaft, was damals genau geschehen war. Er erinnerte sich aber noch daran, dass Rho’kon etwas gerufen hatte – den gehässigen Blick seines Bruders dabei würde er nie vergessen – und dass mit einem Mal eine halbe Armee Ye’shouin in dem Saal gestanden hatte. Wie es seinem Vater – und auch ihm selbst – gelungen war zu entkommen, wusste er dagegen nicht mehr. Vermutlich war es Nefairiels Verdienst gewesen...
Kurze Zeit später hatte Rho’kon irgendwie ihren Vater vergiftet und die Schuld seinem älteren Bruder in die Schuhe geschoben. Tcha’ron sah sich gezwungen zu fliegen und für viele Jahre sollte er seine geliebte Nefairiel nicht wieder sehen. Erst nach fast einhundert Jahren schaffte er es, sich in den Garten des Elbenschlosses in Mitheldarien einzuschleichen und es sollte weitere Jahrzehnte dauern, bis Nefairiel und er heirateten und gemeinsam vor Rho’kons
Schergen davonliefen...
Energisch rief sich Tcha’ron in die Gegenwart zurück. Jetzt war nicht die richtige Zeit, um sich über solche Dinge den Kopf zu zerbrechen. Sie hatten eine Aufgabe, die sie erfüllen mussten, um noch größeres Leid zu verhindern. Nur noch ein paar Meter, dann hatte er den Eingang zum geheimen Treffpunkt erreicht.
Wenig später stand Tcha’ron vor einem großen Baum, dessen starke Wurzeln einen Felsen umklammerten.
Im Schatten dieser Wurzeln, getarnt von herabhängenden Flechten und Moos, befand sich der Eingang zu einer kleinen Höhle. Diese war das Ziel des Kobolds. Er zwängte sich durch den engen Spalt, kroch ein kleines Stück auf allen vieren und gelangte schließlich in den etwa fünfmal vier Schritte messenden Raum.
Es war eine natürliche Höhle, die Tcha’ron eines Tages durch Zufall gefunden hatte. Niemand außer Nir’hoc und ihm selbst kannte diesen Ort und beide Kobolde suchten ihn nur auf, wenn sie dringend miteinander reden mussten.
Nir’hoc war noch nicht da und so entzündete Tcha’ron eine kleine Öllampe und kauerte sich auf dem Boden zusammen, um noch etwas zu schlafen. Seit Tagen hatte er kaum ein Auge zugemacht. Es war einfach zu gefährlich gewesen und nun, in der Obhut dieses sicheren Ortes, übermannte ihn die Müdigkeit – er schlief praktisch sofort ein, kaum dass sein Kopf den Boden berührt hatte.
Der Kobold erwachte, als er das schabende Geräusch von Metall vernahm, das über Stein kratzte. Blitzschnell setzte er sich auf und zog seinen Dolch, ließ ihn jedoch gleich wieder sinken, als er Nir’hoc erkannte.
Dieser blickte mit einem Lächeln auf. Er kniete immer noch, denn der Eingang zur Höhle war einfach zu niedrig zum Gehen. Man konnte sich gerade noch kriechend hindurchzwängen.
„Verzeiht, mein König, ich wollte Euch nicht erschrecken.“
Tcha’ron lächelte flüchtig. „Nir’hoc, bitte lass das. Rho’kon ist der König, nicht ich.“
„Rho’kon ist kein König – er hält sich nur für einen“, erwiderte Nir’hoc ernst und kroch vollständig in die Höhle. Dort angekommen, klopfte er sich den Schmutz von seiner Lederrüstung, welche mit Metallplättchen verstärkt war, und setzte sich Tcha’ron gegenüber auf den Höhlenboden.
Aufmerksam musterte Nir’hoc den jüngeren Kobold, der vor ihm an die Höhlenwand gekauert saß. Sein linkes Auge war grau und trüb, vor vielen Jahren war er darauf erblindet, dennoch sah er auf dem anderen noch scharf wie ein Falke. Auf den ersten Blick erkannte er Müdigkeit, Nervosität, Sorge und auch Wut in Tcha’rons Haltung.
„Wie lange habt Ihr nicht mehr richtig geschlafen?“, fragte er sein Gegenüber. „Am Besten kommt Ihr mit mir, ich kann Euch den Weg zu unserem versteckten Dorf zeigen. Dort wärt Ihr für ein paar Tage in Sicherheit und könntet wieder etwas zu Kräften kommen.“
„Ein Dorf?“, fragte Tcha’ron überrascht, ohne auf das Angebot Nir’hocs einzugehen. Er wusste von den Plänen seines väterlichen Freundes, ein geheimes Dorf für alle Flüchtlinge zu schaffen, doch bisher war es nur eine tollkühne Idee gewesen, weit entfernt von der Wirklichkeit. „Ihr habt es also tatsächlich geschafft?“
„Ja.“ Nir’hoc nickte. „Es musste sein. Rho’kon ist einigen von uns auf die Schliche gekommen und es war die einzige Möglichkeit, sie zu retten. Eine vorgetäuschte Exekution, eine manipulierte Grabstätte und damit der Weg in die Freiheit.“
„Das klingt mehr als ernst.“ Tcha’rons Gesichtszüge verhärteten sich. Zähneknirschend fragte er: „Wer ist alles davon betroffen?“
„Nun, die letzten ‚Opfer’ waren Vero’th, seine Frau und sein Sohn To’rok. Der Bursche ist mittlerweile hundertsiebzehn Jahre alt und sehr flink im Umgang mit dem Schwert. Aber er scheint außerdem noch andere Begabungen zu haben.“
Vero’th! Rho’kon war also tatsächlich so weit gegangen, langjährige Diener hinrichten zu lassen! Vermutlich nur aus dem einen Grund, weil sie wussten, dass Tcha’ron noch lebte. Dafür würde Rho’kon zahlen, für jeden Einzelnen von ihnen. Er, Tcha’ron, würde sich den Thron zurückholen. Der schwarze Kaiser würde schon sehen, wie er dann noch zurechtkam, denn von diesem Zeitpunkt an würde sich das Blatt wenden und zwar gründlich.
Erst jetzt wurde Tcha’ron bewusst, dass Nir’hoc noch von etwas anderem gesprochen hatte.
„Entschuldige bitte, aber was meinst du mit ‚anderer Begabung’?“
Nir’hoc grinste leicht. „Nun ja, er war über Rho’kons Urteil etwas ungehalten – verständlicherweise – und in seinem Zorn hat er den König vom Thron gestoßen, aus fünfzehn Schritt Entfernung.“
Tcha’ron brauchte ein paar Minuten, um den Sinn dieser Worte völlig zu verstehen. „Du meinst er hat...“
„Ja, genau das.“ Das Grinsen in Nir’hocs Gesicht wurde immer breiter. „Der Bursche ist magisch begabt und Ihr hättet das Gesicht Eures Bruders sehen sollen, als ihm das klar wurde. Ich glaube in diesem Moment hatte Rho’kon tatsächlich Angst.“
„Schade, dass er das nicht öfters hat“, erwiderte Tcha’ron trocken. „Aber nun zum eigentlichen Grund, aus dem ich dich rief: Ich habe sie gefunden.“
„Deine Tochter? Sha’rany?“ Nir’hoc war überrascht, was aber sofort in Freude umschlug. „Das nenn ich mal eine positive Nachricht.“
„Ja, das ist es. Aber es ist noch nicht alles“, begann Tcha’ron zu erzählen. „Sie begleitet einen jungen Magier, einen Menschenknaben namens Taris, der wiederum der Hüter des Buches der Welten ist.“
„Das Buch der Welten ist zurückgekehrt?“ Nir’hoc wollte es kaum glauben. „Wenn Ihr jetzt noch sagt, dass diese beiden obendrein im Besitz der drei heiligen Insignien sind, dann will ich tot umfallen – vor Freude.“
Ein leicht belustigter Ausdruck spielte um Tcha’rons Lippen.
„Hüte dich vor solchen Wünschen, Nir’hoc. Aber in diesem Fall würde er sich glücklicherweise auch nicht erfüllen. Eines der Insignien besitzen sie allerdings tatsächlich: Samryth.“
„Der Dolch Nituriels“, flüsterte Nir’hoc fast ehrfürchtig. „Daraus spricht das Erbe ihrer Mutter. Was ist mit diesem Menschen, Taris. Könnte er der wahre Herrscher sein?“
„Möglich wäre es“, erwiderte Tcha’ron, dem dieser Gedanke auch schon eine Weile im Kopf herumspukte. „Taris ist ein außergewöhnlicher Knabe und hat schon einige Situationen gemeistert. Wenn er nicht der wahre Herrscher ist, dann wird er zumindest ein brillanter Magier werden.“
„Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein.“ Hoffnung klang in der Stimme des alten Kobolds mit. „Wo sind die beiden jetzt? Haben sie ein gutes Versteck? Sollen wir sie bei uns verstecken, im Dorf?“
„Nein, Nir’hoc, das wird nicht nötig sein“, erwiderte Tcha’ron lächelnd. „An dem Ort, an dem sie sich momentan aufhalten, sind sie sicherer als anderswo.“
„Von welchem Ort sprecht Ihr?“
„Osomyr.“ Tcha’ron beobachtete, wie sich zuerst Unglaube, dann Hoffnung und schließlich Zuversicht im Antlitz seines alten Freundes widerspiegelten.
Nir’hoc streckte einen Arm aus und legte seine Hand auf die Schulter Tcha’rons.
„Ich sehe die Tage des schwarzen Kaisers gezählt. Wie können wir euch helfen? Gibt es etwas, das wir für Euch und die Kinder tun können? Ich würde mich sogar ins Elbenreich begeben, um dort nach Verbündeten zu suchen.“
„Ja, du kannst uns helfen, Nir’hoc. Aber du brauchst dafür nicht ins Elbenreich zu gehen. Sie sind bereits unsere Verbündeten und einer von ihnen ist sogar bei Taris und Sha’rany auf Osomyr.
Für dich und deine Männer habe ich eine andere Aufgabe: Sucht so viele Kobolde zusammen, wie ihr nur könnt, und erzählt ihnen alles. Die ganze Wahrheit! Rho’kon muss gestürzt werden. Ich weiß es wird nicht leicht werden und ist sehr gefährlich, aber wir brauchen jeden Mann.“
Tcha’ron zog einen breiten goldenen Ring vom Finger und reichte ihn Nir’hoc. „Nimm das als Beweis, dass du die Wahrheit sprichst.“
„Das Königssiegel!“ Nir’hoc griff nach dem Ring und betrachtete ihn. „Ich weiß diese Geste zu schätzen, Tcha’ron, aber Ihr wisst sicher auch, dass sich Rho’kon einen eben solchen Ring hat nachmachen lassen? Ich fürchte es ist kein ausreichender Beweis.“
„Nein? Dann versuch doch einmal, dir diesen Ring anzustecken.“
In Tcha’rons Augen blitzte es belustigt, als der andere tat wie ihm geheißen. Doch so sehr Nir’hoc sich auch bemühte, er schaffte es nicht, den Ring über einen seiner Finger zu streifen.
Fragend reichte er Tcha’ron den Ring zurück und dieser steckte ihn sich mühelos an. Er passte ihm sogar an jedem Finger – ohne die Gefahr verloren zu gehen.
„Er ist magisch“, erklärte der Kobold. „Nur der rechtmäßige König kann ihn tragen und der ist Rho’kon nun mal nicht.“
Erneut zog er den Ring vom Finger, zog ein schmales Lederband aus seiner Tasche und fädelte den Ring auf, ehe er ihn wieder an Nir’hoc reichte.
„Ich werde ihn hüten wie meinen Augapfel“, versprach dieser und zog sich das Band mit dem Ring über den Kopf, um es unter dem Halsausschnitt seiner Rüstung verschwinden zu lassen.
„Was habt Ihr als Nächstes vor?“, wollte er schließlich wissen.
„Eine gute Frage“, erwiderte Tcha’ron. „Ich denke ich werde nach Osomyr zurückkehren. Hier kann ich nicht mehr viel tun. Was ich wissen musste, habe ich bereits erfahren. Es wird wirklich Zeit für mich zurückzukehren. Sha’rany und ihre Freunde werden bestimmt schon wissen, wohin uns unsere Suche als Nächstes führt.“
„Das wird vermutlich das Vernünftigste sein, ja“, stimmte Nir’hoc ihm zu. „Aber erst werdet Ihr Euch einmal gründlich ausschlafen. Ich bleibe solange bei Euch und passe auf.“
„Das ist nicht nötig, Nir’hoc, wirklich, ich...“
„Doch, das ist sogar sehr nötig“, widersprach der ältere Kobold. „Glaubt es einem alten Mann ruhig einmal. Tcha’ron, Ihr seht so aus, als hättet Ihr seit Wochen nicht mehr vernünftig gegessen, geschweige denn geschlafen.“
Tcha’ron lächelte verlegen, da Nir’hoc ihn ertappt hatte. „Ich komme schon klar. Jeder muss in dieser Zeit etwas zurückstecken.“
„Aber jetzt ist es Zeit für eine Pause, Tcha’ron“, beharrte Nir’hoc. „Tut mir den Gefallen und ruht Euch aus. Es reicht mir schon, wenn Ihr etwas esst und ein paar Stunden schlaft.“
Er nahm einen ledernen Beutel vom Gürtel und schob ihn Tcha’ron näher. Der verlockende Duft von gebratenem Schinken und frischem Brot drang Tcha’ron in die Nase und ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Mit einem Seufzer überspielte er seine Dankbarkeit, als er nach dem Beutel griff. Er war tatsächlich sehr hungrig und nur mit Mühe gelang es ihm, sich zusammenzureißen und langsam zu essen. Es schmeckte köstlich. Dieses verhältnismäßig bescheidene Mahl war das Beste, das er jemals gegessen hatte – zumindest kam es ihm in diesem Moment so vor.
Er murrte auch nicht mehr, als Nir’hoc weiterhin darauf bestand, dass er ein paar Stunden schlief, sondern nickte seinem Freund nur zu, kauerte sich zusammen und schlief fast augenblicklich ein. _________________ Alles Liebe
Petra
Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge |
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Verfasst am: 01.08.2012, 14:16 Titel: Werbung |
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kleine Segelfliege
Anmeldungsdatum: 21.12.2010 Beiträge: 472 Wohnort: München
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Verfasst am: 11.09.2012, 17:46 Titel: |
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*vorsichtig Stups*
Ich wollte nur mal anmerken, dass ich nach wie vor eifrig am Lesen bin - weitere Folgen dürfen also gerne folgen |
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Alexandra
Anmeldungsdatum: 19.06.2010 Beiträge: 582 Wohnort: Wien
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Verfasst am: 12.09.2012, 18:34 Titel: |
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Freu mich schon auf den nächsten Teil. |
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