|
Vorheriges Thema anzeigen: 9. Dezember Nächstes Thema anzeigen: 10. Dezember |
Autor |
Nachricht |
Bonnie
Anmeldungsdatum: 03.09.2009 Beiträge: 6796
|
Verfasst am: 10.12.2010, 13:41 Titel: 10. Dezember - Weihnachtsgeschichte |
|
|
Die gute Marie war verständlicherweise nicht sonderlich erfreut, als der Oberzwerg ihr sein Anliegen vortrug.
"Denkst du wirklich, er hört auf mich?" meinte sie zweifelnd. "Ich fürchte, er hat sich mittlerweile so in seinen Streik hinein gesteigert, dass da nicht mehr viel zu machen ist. Zumindest für heuer..."
Weil der alte Zwerg aber nicht locker ließ, versprach sie ihm schlussendlich doch, wenigstens einen Versuch zu machen, ihren störrischen Ehemann zur Vernunft zu bringen.
Und so ging sie kurz darauf ins Lesezimmer des Weihnachtsmannes, wo dieser, wie in letzter Zeit üblich, im Pyjama auf der Couch lümmelte und in die Luft starrte. Weil sie eine kluge Frau war, hatte sie eine Kanne heißer Schokolade und ein paar duftende Kekse auf einem hübschen Teller mit und hielt das Tablett ihrem griesgrämigen Mann unter die Nase.
"Was willst du denn?" fragte der unhöflich.
Marie seufzte, stellte das Tablett auf dem Tischchen neben der Couch ab und setzte sich in den breiten Lehnstuhl. Ordentlich, wie sie war, strich sie ihre Schürze glatt und sah ihren Mann nachdenklich an.
"Weisst du, mein Lieber," fing sie an, "ich mache mir ernsthaft Sorgen um dich."
Ein zweifelndes Brummen war die Antwort.
"Ich fürchte wirklich, du bist krank. Du liegst hier herum, nichts macht dir Spaß, nichts interessiert dich, das ist doch so ganz und gar untypisch für dich."
"Quatsch," gab der Weihnachtsmann zurück. "Ich bin nicht krank, ich streike, und das weisst du auch ganz genau."
"Ja, das weiss ich, das hast du auch oft genug betont. Aber warum streikst du? Ein paar Menschen, die sich gegenseitig den Krieg erklären und aufmüpfige Jugendliche gab es doch schon immer. Das ist doch nichts Neues und das wird auch immer so sein. Aber bisher hat dich das noch nie großartig gestört. Du weisst doch, dass das völlig normal ist. Wieso regst du dich plötzlich so darüber auf? Ich verstehe dich einfach nicht mehr!"
Während sie so sprach, hatten die Augen des Weihnachtsmanns angefangen, böse zu funkeln. Sein langer weisser Bart begann sich zu kringeln, was bei ihm ein Zeichen äußersten Unmuts war und schon sehr, sehr lange nicht mehr vorgekommen war. Marie erschrak. Ihr Mann richtete sich von der Couch auf und stand auf. Mit wild funkelnden Augen und wallendem Kringelbart stand er vor ihr.
"Willst du damit etwa sagen, dass ich verrückt bin oder so etwas? Du verstehst mich nicht mehr? Ich glaube eher, es interessiert dich nicht mehr, was ich denke oder fühle! Niemand glaubt mehr an mich, das ist, als wäre ich tot! Oder noch schlimmer, als hätte ich nie existiert! Kannst du das nicht verstehen oder willst du nicht? Für dich soll bloss alles so sein, wie es immer war. Alles soll immer heile Welt und Kakao-Keks-Gemütlichkeit sein! Ich hasse das, verstehst du? ICH HASSE DAS!"
Jetzt wurde auch Marie böse.
"Schrei mich nicht so an, du alter Griesgram! Als könnte ich etwas dafür, dass du dich selbst nicht mehr ausstehen kannst! Und meine "Kakao-Keks-Gemütlichkeit" hat dir bisher immer gut gefallen. Also komm mir jetzt bloss nicht so! Reiss dich endlich zusammen und mach wieder deine Arbeit, wie es sich gehört!"
"Ach so ist das also," brüllte der Weihnachtsmann zurück. "Ich soll mich zusammenreissen, ja! Ich soll meine Arbeit machen, ganz egal, ob sie überhaupt geschätzt wird!"
Er versetzte der Leselampe neben der Couch einen Tritt, dass sie durch das halbe Zimmer segelte.
"Es hat sich ausgearbeitet, das hat es sich! Ich denke gar nicht mehr daran, mich abzurackern, wenn ohnehin niemand Wert auf meine Arbeit legt! Ich bin doch nicht blöd! Ich kündige!"
Marie warf ihm den Teller mit Keksen an den Kopf. Der Teller war aus Kunststoff und daher nicht besonders schwer. Dafür hüpften Brösel durch die Gegend oder blieben im Bart des Weihnachtsmanns hängen.
"Du kannst nicht kündigen, du alter Trottel! Du bist der Weihnachtsmann! Ich hätte wirklich auf meine Mutter hören sollen, sie hat mich vor dir gewarnt. Sie hat damals schon gesagt, dass es einmal ein böses Ende nehmen würde, wenn ich dich heirate! Jetzt habe ich den Salat! Ich bin verheiratet mit dem Weihnachtsmann, der allmählich den Verstand verliert!"
Ihr Mann schmiss ihr die Kanne mit Kakao vor die Füße. Die braune Brühe spritzte in alle Richtungen davon und malte bizarre Muster an die Wände.
"Hab ich es mir doch gedacht, dass die alte Schnepfe etwas gegen mich hat! Gewarnt hat sie dich also vor mir? Du bereust, dass du mich geheiratet hast? Dann geh doch zurück zu deiner Mutter und werde mit ihr glücklich! Ich brauche dich nicht, los, verschwinde schon! Mach sie glücklich, deine Mutter, indem du endlich zur Vernunft kommst!"
Marie packte das Tablett, das jetzt leer war, knallte es ihrem wutschnaubenden Mann vor die Brust und zischte: "Du ahnst ja gar nicht, wie gern ich dir diesen Gefallen tue! Ich lasse mir das nicht länger gefallen, wie du dich aufführst! Johanna geht, und niemals kehrt sie wieder!"
"Angeberin!" brüllte ihr der Weihnachtsmann noch nach. Dann sank er zurück auf die Couch und schlug die Hände vors Gesicht. _________________
Tu was du willst, aber schade niemandem!
Sylvias Bridal Sampler |
|
Nach oben
|
|
|
Werbung Registrieren oder Einloggen, um Werbung auszublenden
|
Verfasst am: 10.12.2010, 13:41 Titel: Werbung |
|
|
|
|
Nach oben
|
|
|
|
|